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Sportgericht sperrt achtjährigen Fußballer nach Freundschaftsturnier

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Von: Johannes Götze

Symbolbild
Ein achtjähriges Kind des JFV Bad Hersfeld wurde nach einem Freundschaftsturnier gesperrt. © red

Das Kreissportgericht Hersfeld/Rotenburg hat einen achtjährigen F-Jugend-Spieler des JFV Bad Hersfeld gesperrt, weil er bei einem Freundschaftsturnier für den JFV Aulatal-Kirchheim spielte. Der Spieler wurde mit einer Sperre von zwei Wochen belegt, der Verein JFV Aulatal-Kirchheim mit 150 Euro bestraft.

Recherchen bei Sabine Schäfer-Bode, der Kreisjugendwartin des Kreises Hersfeld/Rotenburg, haben ergeben, dass der JFV Aulatal-Kirchheim bereits vor dem Turnier um eine Gastspielgenehmigung für den betreffenden Spieler gebeten hätte, diese wurde jedoch vom Kreisjugendausschuss (KJA) verwehrt, da die Satzung des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) solche für Freundschaftsturniere nicht vorsieht. Entsprechend hätte der KJA den Verein Aulatal-Kirchheim darauf hingewiesen, dass der Spieler für das Turnier nicht einsatzberechtigt sei.

Sportgericht sperrt achtjährigen Fußballer nach Freundschaftsturnier

Der Spieler spielte bei dem durch die JSG Südring am 5. Februar veranstalteten F-Junioren-Turnier dennoch für die Mannschaft des JFV Aulatal-Kirchheim. Auch, weil der JFV Aulatal-Kirchheim laut eigener Aussage seine Teilnahme wegen Spielermangels hätte absagen müssen. Dies wiederum hätte laut Katja Reichwein-Schäfer, Jugendleiterin der SG Rot-Weiss Rückers und somit des veranstalteten Vereins, höchstwahrscheinlich die Absage des Turniers zur Folge gehabt. Mit der JSG Südring stand der JFV Aulatal-Kirchheim bereits vor dem Turnier in Austausch. Der Einsatz des bestraften Spielers war dem Veranstalter bereits im Vorfeld bekannt und gewollt, um das Turnier durchzuziehen und dem JFV Aulatal-Kirchheim die Teilnahme zu ermöglichen.

Nachdem einige Zeit später Bilder von der JFV Aulatal-Kirchheim im Internet kursiert waren und darauf der betreffende Spieler zu erkennt wurde, rief dies den KJA auf den Plan. Immerhin hätte man dem Spieler zuvor eine Gastspielgenehmigung verwehrt, er nun aber dennoch gespielt. Der KJA leitete den Vorfall an das Kreissportgericht Hersfeld/Rotenburg weiter, Einzelrichter Wilfried Olschewski fällte daraufhin zwei Urteile: Er bestrafte den JFV Aulatal-Kirchheim mit 150 Euro Geldstrafe und belegte den achtjährigen F-Jugend-Spieler mit einer zweiwöchigen Spielsperre, die zur Folge hatte, dass dieser das Turnier des eigenen Vereins verpasste.

Dem JFV Aulatal-Kirchheim wurde „ausnahmsweise fahrlässiges“ Verhalten und kein Vorsatz zulasten gelegt, ansonsten hätte die Strafe, 150 Euro, deutlich höher – bis hin zur Sperre der gesamten Mannschaft – ausfallen müssen. Im Urteil gegen den achtjährigen Fußballer wird hervorgehoben, dass dem Wunsch des JFV Aulatal-Kirchheim, den Spieler nicht zu sanktionieren, nicht entsprochen werden kann, er vielmehr für zwei Wochen gesperrt wird. Bereits vor den Urteilen hatte der JFV Aulatal-Kirchheim in einer Stellungnahme alle Schuld auf sich genommen und darum gebeten, den Spieler bei der Urteilsfindung außen vorzulassen. Beide Urteile sowie die Stellungnahme liegen der Torgranate-Redaktion vor.

HFV beantwortet Nachfragen nur indirekt

Olschewski äußerte sich auf Anfrage deutlich: „Dass nun von allen Seiten auf die emotionale Tränendrüse gedrückt wird, bringt gar nichts. Darüber hätte man sich im Vorfeld Gedanken machen müssen, schließlich handelt es sich bei den Jugendleitern und auch bei den Eltern um erfahrene Menschen, die wussten, dass sie nicht im Sinne der Statuten handeln.“ Olschewski betont, „dass ich sämtliche Möglichkeiten der Strafminderungen in beiden Urteilen habe einfließen lassen und am Ende bei dem Kind die Mindeststrafe ausgesprochen habe. Da spielt es am langen Ende aber keine Rolle, ob das Kind acht oder achtzig Jahre alt ist. Mir tut der Knabe leid und ich bin mir natürlich bewusst, dass er nicht die Konsequenzen einschätzen konnte. Aber ich lasse mir nicht den Schuh anziehen, dass ich meinen Verpflichtungen als Sportrichter nicht nachkomme.“

Dennoch sorgt die Tatsache, dass das achtjährige Kind gesperrt wurde, für Verdruss, beispielsweise bei Reichwein-Schäfer, die sagt: „Im Nachgang hier das Kind zu sperren, nochmal, wir reden hier von einem Freundschaftsturnier und einem F-Jugend-Spieler, finde ich absolut über das Ziel hinaus geschossen.“ Gleichzeitig fragt Reichwein-Schäfer: „Ist das denn der Sinn unseres Spiels? Wollen wir damit denn wirklich gegenseitige Unterstützung nicht mehr möglich machen? Ja, es gibt Regeln, natürlich – aber um was ging es denn? Deutsche Meisterschaft? Nein, sondern um die anderen Kinder der Mannschaft, die gerne spielen wollten, um einen Trainer, der sein Versprechen gegenüber eines Turnierveranstalters einhalten wollte und um eine Jugendabteilung, die dankbar dafür war, ihr Turnier wie geplant stattfinden lassen zu können.“

Jugendwartin hinterfragt Statuten des Verbandes

Schäfer-Bode stellt auf Nachfrage klar, „dass wir reagieren mussten, schließlich gibt es ein Regelwerk und hier ein vorsätzliches Verhalten des Vereins. Ich habe mich nach der Anzeige durch mich mit Wilfried Olschewski ausgetauscht und wir beide haben festgestellt, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als das Kind laut Regelwerk zu sperren, auch wenn ich der Meinung bin, dass ein Kind nicht bestraft werden sollte. Vielleicht müsste das in der Strafordnung überdacht werden. Man muss sich die Frage stellen, was denken die Personen, die durch so ein Fehlverhalten ein achtjähriges Kind in diese Situation gebracht haben? Gleichzeitig sollte man sich für die Zukunft überlegen, ob der HFV nicht die Gastspielgenehmigung auf solche Turniere ausweitet.“

Der HFV antwortete auf eine schriftliche Anfrage von torgranate.de, die unter anderem die Fragestellungen umfasste, ob es im Sinne des HFV sei, Achtjährige zu sperren, ob eine Absage des Turniers die bessere Alternative gewesen wäre und ob die Ausweitung der Gastspielgenehmigungen im Sinne des Juniorenfußballs wäre, mit folgender Antwort: „Aus Gründen einer gerechten Behandlung aller und eines ordnungsgemäßen Spielbetriebs gibt es die Satzung und Ordnungen des Hessischen Fußball-Verbandes. Diese sehen unter anderem vor, dass Spieler*innen zum Einsatz grundsätzlich eine Spielberechtigung für den jeweiligen Verein benötigen. Das ist den handelnden Personen in den Vereinen auch so bekannt. Um den Spielbetrieb im Sinne des Fußballs zu gestalten, gibt es permanent Anpassungen der Regelungen. Wichtig ist, dass diese für alle Beteiligten gültig sind und alle danach handeln.“ Auf den Fragenkatalog ging der Verband nicht direkt ein. (Lest hier: Kommentar zur Sperre gegen einen Achtjährigen)

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