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Bildungsgipfel in Berlin: Kann Fußball ein Bildungsthema sein?

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Von: Harald Lange

Spiel auf Mini-Tore: Der DFB reformiert den Fußball.
Fußball als zentrales Bildungsthema? Auf dem Bildungsgipfel in Berlin stehen und Sport und Bewegung nicht auf der Agenda. © dpa

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat zum Bildungsgipfel nach Berlin eingeladen. Das klingt gut, denn wir erwarten von der Schule weitaus mehr als unser Schulsystem zu leisten vermag.

Inzwischen sind die Erwartungen an die Leistungsfähigkeit von Schulen so hoch, dass wir bei all den Reformvorschlägen und neuen Aufgaben darauf achten müssen, dass wir die Kinder und Jugendlichen und deren Spaß am Lernen nicht vergessen dürfen. Aus diesem Grund frage ich, ob das Fußballspielen und Sporttreiben ein zentrales Bildungsthema sein kann?

Bildungsgipfel in Berlin: Fußball und Bewegung kein Thema

Bildungsgipfel und Schulreformen werden medienwirksam inszeniert und manch ein Politiker sucht bei diesen Gelegenheiten die Chance, seine Idee für die Rettung der Zukunft in die Welt zu bringen. Am Dienstag soll in Berliner Bildungsministerium über den maroden Zustand der Schulgebäude, über Versäumnisse in der Digitalisierung, einheitliche Bildungsstandards und über ein Prämiensystem für gute Lehrer gehen. Über Bewegung, Spiel und Sport wird auf dem Bildungsgipfel nicht gesprochen. Schade, denn es wäre doch spannend der Frage nachzugehen, ob und unter welchen Bedingungen das Fußballspielen und Sporttreiben für Kinder und Jugendliche ein Bildungsthema sein kann.

Bewegung und Spiel bekommen in der Schule und im Alltag der Kinder immer mehr Konkurrenz. Nicht nur das Lernen, sondern auch die Freizeit und das Spielen werden immer digitaler. Das ist gut. Zumindest so lange, bis wir den Körper und Bewegungsdrang der Kinder aufs Spiel setzen. Ich meine, das ist längst der Fall. Deshalb brauchen wir einen Bildungsgipfel, in dem der Sport und der Spaß am Lernen im Zentrum der Debatten steht.

Wie denken Bildungspolitiker unsere Schule? Welche Ideen haben Sie? Wie bewahren wir unsere Kinder vor dem Vergessen ihrer Körperlichkeit beim digital ausgerichteten Lernen? Welche Rolle spielen Bewegung und Spiel in der Schule der Zukunft? Ist der Sport nur noch ein Ausgleichsfach für gesellschaftlich bedingte Bewegungsdefizite? Genügt es Kalorien zu verbrauchen, um dem Übergewicht entgegenzuwirken? Oder gönnen wir Kindern Spaß am Sport und der Schule? Möchten wir, dass sie sich in die Themen, die der Sport bieten kann, vertiefen? 

Harald Lange: Fußball ist ein Bildungsthema

Harald Lange
Harald Lange © privat

Beispielsweise indem Sie selbstständig trainieren, neue Tricks, Techniken und Strategien erproben und lernen, sich in Spiele vertiefen oder Freundschaften und Teamfähigkeit entwickeln? Sicher: Vieles können wir digital erledigen, aber manches geht ganz bestimmt nur über die Auseinandersetzung mit den Grenzen des eigenen Körpers. Über Anstrengung und Entspannung. Belastung und Erholung. Gelingen und Misslingen. Wie müssen wir mit Kindern und Jugendlichen Fußball spielen, so dass das Spiel zu einem Bildungsthema wird? Würden wir hierzu eine überzeugende Antwort finden, dann könnten wir das Spiel und den Sport in das Zentrum der neuen Schulentwicklung rücken.

Am Anfang jedes Bildungsprozesses steht ein Problem. Eine Herausforderung, die das Kind interessiert und die deshalb gemeistert werden will. Im Fußballspielen können wir ständig neue Bewegungsprobleme entdecken und bereits bekannte immer weiter vertiefen. Das macht so viel Spaß, dass wir zuweilen gar nicht mit dem Spielen aufhören wollen. Gute Trainer und Lehrer verstehen es deshalb, neue Ideen, Anregungen und herausfordernde Aufgaben zu geben. In einer Art, die die Selbstständigkeit der Kinder anspricht und fördert. Genau dann wird Fußball zum Bildungsthema.

Ich meine, dass wir in dieser Weise die wichtigsten Schlüsselqualifikationen und Fähigkeiten entwickeln können: Durchhaltevermögen, Fairplay, Miteinander, Teamfähigkeiten, Geduld, Zielstrebigkeit, Wahrnehmung und viele anderen Kernkompetenzen lassen sich nirgends besser entwickeln als im Sport. Ich würde das Fach deshalb zum Hauptfach machen und in der Bildungskonzeption für die Schule der Zukunft darauf hinarbeiten, diese Fähigkeiten in andere Felder und Fächer zu übertragen. Ein so verstandenes bewegtes Bildungskonzept macht Spaß, wirkt nachhaltig und ließe sich nahtlos auch in den Nachmittag und das Vereinstraining übertragen.

Wer sagt den Teilnehmern des Bildungsgipfels, dass es sich in mehrerlei Hinsicht lohnen würde, in das bewegte Lernen und die bewegte Bildung zu investieren?

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