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Der DFB und seine Sportpolitik: Nach wie vor hilflos!

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Von: Harald Lange

Hermann Winkler
DFB-Vizepräsident Hermann Winkler. © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Am Wochenende katapultierte sich der DFB-Vize Hermann Winkler mit einem geringschätzigen Satz zum ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj in die Schlagzeilen.

Sein Kommentar: „Berlin heute Morgen. Dank Allgemeinverfügung auf Grund des Besuchs eines ehemaligen ukrainischen Schauspielers ist die City weitestgehend abgeriegelt, die Spree für Touristen teilweise gesperrt.“ Am selben Tag wurden Selenskyj und das ukrainische Volk in Aachen mit dem renommierten Karls-Preis geehrt. Die peinliche Respektlosigkeit der Social-Media-Aktivität des DFB-Vizepräsidenten scheint dem DFB recht bald aufgefallen zu sein, denn inzwischen ist Winklers Instagram-Account nicht mehr online. Von Seiten des DFB heißt es, dass ein Gespräch mit Winkler geführt werden solle. Mehr nicht.

DFB-Vize Hermann Winkler empört mit Selenskyi-Aussage

Der CDU-Mann Winkler war einer der ersten CDU-Politiker, die sich offen für die Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten. Die Politikerkarriere in der Partei kam ins Stocken, weshalb sich die Funktionärslaufbahn im Fußball als dankbare Alternative angeboten hatte. Im DFB ist dieser Mann ebenso mächtig wie einflussreich. Gemäß dem Geschäftsverteilungsplan ist er für mehrere Bereiche zuständig: Grundsatzfragen des Jugendfußballs und der Talentförderung, die Junioren-Bundesligen, Schulfußball, Beachsoccer, das Projekt Zukunft und die DFB-Traditionsmannschaften. Außerdem übernimmt Winkler bei den Reisen der DFB-Jugendmannschaften (U15 bis U19) als Delegationsleiter repräsentative Funktionen. Spätestens an dieser Stelle sei die Frage erlaubt, ob es innerhalb des DFB denn gar keine Alternativen zu dieser Machtkonzentration im Jugendbereich gibt?

Der DFB hat der Ukraine ihr Jubiläumsspiel gewidmet. Am 12. Juni findet im Bremen das tausendste Länderspiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen das Team der Ukraine statt. Eine wahrhaft große sportpolitische Geste, die seit Sonntag vom DFB-Vizepräsidenten Winkler konterkariert wird. Deshalb frage ich: Kann der DFB Sportpolitik? War die sportpolitische Bedeutung dieses 1000. Länderspiels innerhalb des Präsidiums besprochen und von allen verstanden worden? Wie steht es um die platte Vorgabe von Rudi Völler, der Ende März in einem viel diskutierten Interview gefordert hatte, der DFB sollte sportpolitisch einfach stillhalten („irgendwann ist auch mal gut“)?

Schade, man könnte das besser machen.

Harald Lange über die DFB-Sportpolitik

In der großen DFB-Basis-Studie, die wir im Vorfeld zu den Wahlen des neuen DFB-Präsidenten mit mehr als 12.000 Teilnehmern durchgeführt hatten, kam unmissverständlich heraus, dass sich die große Mehrheit der Vereinsmitglieder in Deutschland eine wertebasierte Führung des Fußballbundes wünschen. Gleichzeitig lieferte unsere Studie auch Daten hinsichtlich des erwünschten Kompetenzprofils des DFB-Präsidenten. 

Unter den neun abgefragten Bereichen nahm der Punkt „Erfahrungen als Politiker“ mit 3,5 Prozent den letzten Platz ein. DFB-Vize Hermann Winkler liefert 13 Monate vor Beginn der Europameisterschaft „im eigenen Land“ ein weiteres Beispiel der sportpolitischen Hilflosigkeit des DFB. Schade, man könnte das besser machen.

Harald Lange
Harald Lange © privat

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