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Wahl des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino: Gibt es da wirklich noch Redebedarf?

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Von: Harald Lange

Beim letzten Mal (2019 in Paris) wurde Gianni Infantino von den Fußballbossen dieser Welt einfach durch Applaus und ohne Stimmenauszählung in die neue Amtszeit als Fifa-Präsident geschoben. Demokratie? Geht anders! Die Fifa erinnert an eine absolute Monarchie.

Am 16. März wird der amtierende Fifa-Präsident Gianni Infantino im Rahmen des 73. Fifa-Kongresses in Ruandas Hauptstadt Kigali in seine nächste Amtszeit gewählt. Es gibt keinen Gegenkandidaten und deshalb geht es bei dieser Wahl nur noch um die Frage, ob sich der Schweizer Top-Funktionär auch dieses Mal über ein einstimmiges Ergebnis freuen darf.

Das alles ist schlimm genug und kostet Glaubwürdigkeit. Deshalb frage ich heute aus welchem Grund das Präsidium des DFB eine Woche vor dieser Wahl immer noch darüber diskutieren muss, ob dieser Fifa-Präsident tatsächlich mit der Zustimmung aus Deutschland rechnen darf. DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der wahrscheinlich auf ein lukratives Amt im mächtigen Fifa-Rat hofft, mag heute zumindest nicht ausschließen, dass der DFB für Infantino stimmen könnte. Wir dürfen gespannt sein, denn das DFB-Präsidium wird in den kommenden Tagen die Entscheidung treffen, ob sie Infantino eine Stimme geben und sich hinter ihn und seine Politik stellen.

Infantino-Wahl: Fifa erinnert an Monarchie

Alexia Putellas und FIFA-Präsident Gianni Infantino
FIFA-Präsident Gianni Infantino (hier mit der Weltfußballerin Alexia Putellas) wird eine weitere Amtszeit antreten. © dpa/Michel Euler

Diese Zögerlichkeit ist weltfremd, denn während die DFB Bosse-noch überlegen hat die Fifa in Hinblick auf die Vergabe der WM 2030 längst Fakten geschaffen und Saudi Arabien als Ausrichter auf die Spur gesetzt. Es wird eine gemeinsame Bewerbung mit Ägypten und Griechenland geben, aber die meisten Spiele werden erneut in der Wüste stattfinden. Einen Baustein auf dem Weg dorthin hat der Fifa-Rat vor wenigen Wochen beschlossen: Bereits Ende diesen Jahres wird die Club-WM in Saudi Arabien ausgespielt und vom DFB vernehmen wir hierzu kein kritisches Wort. Schade!

Wie gehen wir in Deutschland zukünftig mit unseren Ideen und Werten zum Sport um? Sind wir bereit dafür einzustehen? Haben wir glasklare Positionen? Können wir andere mitnehmen und überzeugen? Sind wir bereit, Konsequenzen für unbequeme Haltungen in Kauf zu nehmen? Sind wir überhaupt in der Lage ein Konzept für den Weltfußball der Zukunft vorzulegen? Können unsere Vertreter auf inhaltlicher und wirtschaftlicher Ebene Ideen entwickeln und damit überzeugen? Oder begnügen wir uns – wie während der WM in Qatar – mit flacher Symbolpolitik und halbherzigen PR-Gags auf dem Rücken der Menschenrechtsdebatte?

Harald Lange
Harald Lange. © privat

Da wir im deutschen Fußball bislang keine Zukunftsvision vorgelegt und auch keinen Gegenkandidaten in Stellung gebracht haben, bleibt uns nichts anderes als die Rolle der sportpolitischen Zuschauer: Wir hoffen darauf, dass Infantino – warum auch immer – vom eingeschlagenen Kurs abweicht und zukünftig mehr von dem macht, was wir uns wünschen. Ich sage: Das ist naiv.

DFB sollte sich deutlich gegen Gianni Infantino positionieren

Wir sollten so schnell wie möglich festlegen, dass Infantino eine Gegenstimme aus Deutschland bekommt! Und wenn wir selbst keine Idee zur Zukunft des Fußballs entwickeln können, dann sollten wir uns an innovativere Verbände und deren Kandidaten dranhängen. Beispielsweise an die Präsidentin Norwegens Lise Klaveness. Sie hat den Mumm, den Fifa-Bossen die Stirn zu bieten und auf offener Bühne Klartext zu sprechen. Ihre mutige Rede auf dem letzten Fifa-Kongress 2022 in Doha müsste eigentlich auch unseren Präsidenten anspornen, diesmal selbst aufzustehen und als Vertreter des weltweit größten Sportverbandes auf dem Podium in Kigali Tacheles zu reden.

Falls keine Zeit sein sollte innerhalb der kommenden Woche eine Rede auszuarbeiten, können wir ihm ja anbieten so eine Rede zu schreiben. Lasst uns schonungslos ansprechen was in dieser Fifa falsch läuft. Lasst uns deutlich machen, wohin die Reise gehen soll und an welchen Werten sich der Fußball der Zukunft künftig ausrichten und halten muss. Wir brauchen Visionen, Taten und handfeste Reformen und deshalb würden wir die deutsche Stimme für Infantino niemals akzeptieren!

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