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Gigantische Stimmung beim American Football in München: So geht Auslandsvermarktung

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Allianz Arena
Der Schauplatz der Deutschland-Premiere der NFL: Die Allianz Arena in München. © Markus Schreiber/AP/dpa

Am vergangenen Wochenende trug die Nationale Football Liga aus den USA ihr erstes Meisterschaftsspiel in Deutschland aus und sorgte damit in der eigens umgebauten Münchner Allianz-Arena für einen gigantischen Sturm der Begeisterung.

69.000 Fans feierten das Spiel der Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks und vor allem sich selbst. Die Kulisse war derart gigantisch, dass selbst die Spieler, Trainer und mitgereisten Journalisten aus den USA überschwänglich von einer einzigartigen Atmosphäre sprachen.

NFL in München: „Chefetagen der Fußball-Bundesliga träumen von so einem Erfolg“

Die NFL hat Erfahrungen mit dem Austragen regulärer Meisterschaftsspiele in anderen Ländern. Für Europa war bislang London ein bewährter Spielort für die amerikanische Profiliga. Da sich aber das Interesse der Fans und damit der Markt in Deutschland rasant entwickelt hat, lag es auf der Hand, den Schritt in die deutschen Stadien zu gehen. Im kommenden Jahr wird Frankfurt ein weiterer Spielort sein und nach den Erfahrungen in München können wir davon ausgehen, dass wir von nun an regelmäßig solche Auftritte in deutschen Stadien erleben werden.

Von so einem Erfolg träumt man natürlich auch in den Chefetagen der Fußball-Bundesliga. Gern würde man mit dieser Idee der Auslandsvermarktung auch die Stadien in Amerika und vor allem im Wachstumsmarkt Asien füllen. Ob man allerdings auch den Mut aufbringen kann, echte Liga- oder Pokalspiele auf andere Kontinente zu bringen, scheint mehr als fraglich. Für alle anderen Formate im Sinne von Freundschaftsspielen, Trainingslager oder sonstigen Showeinlagen scheint das Faninteresse in Asien und Amerika überschaubar zu bleiben.

Allerdings wissen wir spätestens nach dem letzten Wochenende, dass der Fußball im internationalen Vergleich der Sportunterhaltungsindustrie übermächtige Konkurrenz hat. Gegen die NFL und die anderen wichtigen amerikanischen Sportarten wird es für den Bundesligafußball schwer werden, sich zu behaupten.

Harald Lange: Fußball auf das besinnen, was ihn stark gemacht hat

Die NFL verfügt nach eigenen Angaben über eine beachtliche Fanbasis in Deutschland. Man geht von mindestens 3,3 Millionen begeisterten Fans und weiteren 17 Millionen Gelegenheitsfans aus. Und für die werden einzelne US-Teams in den kommenden Jahren tatsächlich ihr Heimrecht einsetzen, um ihre Gegner in Frankfurt oder München zu empfangen. 

Dieser Deal amerikanischer Auslandsvermarktung rechnet sich, denn allein für das Spiel in München hätte man nach Angaben des NFL-Deutschland Chefs Alexander Steinforth mehr als drei Millionen Tickets verkaufen können. Das mag überzogen klingen. Allerdings lief auch die TV-Übertragung für Pro7 mit einem Quotenrekord ausgesprochen erfreulich, denn man erreichte am Sonntag mit teilweise 25 Prozent Marktanteil eine beachtliche Reichweite im deutschen Sportpublikum.

Harald Lange
Harald Lange © privat

Die 69.000 Zuschauer in München dankten es beiden Teams und gestalteten eine Atmosphäre, wie sie die Allianz-Arena noch nie erlebt hat. Der legendäre Tom Brady, der als der beste Footballprofi der Geschichte gilt, bewertete die Münchner Kulisse folgendermaßen: „Das war eine der besten Football-Erfahrungen in meinem Leben. Mehr Stimmung geht nicht.“ Wenig später ergänzte der siebenmalige Superbowl-Gewinner: „Das war episch.“

Das Münchner Football Ereignis kommt gerade Recht. Zu einer Zeit, in der Fans lautstark zum Boykott des wichtigsten Fußballturniers der Welt aufrufen. In den kommenden WM-Wochen werden wir in Deutschland eine Fußball-WM erleben, die von den Fans kaum jemand haben will. 

Vielleicht sei auch deshalb den Bundesligamanagern geraten, in den kommenden Jahren den Fußball erstmal wieder auf das zu besinnen, was ihn groß und stark gemacht hat: Die Orientierung an den hohen Werten des Sports. Das mag nostalgisch anmuten, aber ohne Fairplay, Chancengleichheit, Solidarität und die Achtung des anderen wirkt dieser Fußball in mehrfacher Hinsicht wertlos.

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