1. torgranate
  2. Granatenstark
  3. Meinung

Ein Verfahren, ein paar Lügner und nur Verlierer

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Johannes Götze

Torgranate-Redaktuer Johannes Götze.
Torgranate-Redaktuer Johannes Götze. © Max Dellemann / Heldenzeit

„Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Kriegs und nach der Jagd.“ Dieses Zitat wird Otto von Bismarck zugeschrieben. Dass es Mitte des 19. Jahrhunderts noch keine Sportgerichte gab, ist vielleicht der Grund, warum diese in Bismarcks Aufzählung fehlen. Neuestes Beispiel für diese gewagte These von unserem Redakteur Johannes Götze ist die jüngste Verhandlung in Michelsrombach, dessen Ergebnis hohe Wellen schlägt. 

Zur Erinnerung: Wölf unterlag im Spitzenspiel der A-Liga Hünfeld/Hersfeld bei der SG Schenklengsfeld/Rotensee/Wippershain mit 3:4. Dabei erhielt der Wölfer Spieler Samir Bachmann eine Zehn-Minuten-Strafe. Wölf behauptete: Bachmann hatte kein Gelb, was aber zwingend notwendig für eine Zeitstrafe ist. Wölf legte Einspruch ein, bekam im schriftlichen Verfahren Recht. Spielwiederholung. Vor allem gestützt auf die schriftliche Aussage des Schiedsrichters, der einen Fehler seinerseits nicht ausschließen wollte. 

Ein Verfahren, nur Verlierer – Kommentar von Johannes Götze

Anschließend legte die SG SRW Einspruch ein und bekam wegen eines Verfahrensfehlers recht. Es folgte am vergangenen Freitag eine denkwürdige Verhandlung, das Urteil wurde fünf Tage später schriftlich versandt – und wiederum bekam Wölf Recht, obwohl der Schiedsrichter nun aussagte, sich garantiert nicht geirrt zu haben und zwei Zeugen der SG SRW ihrerseits behaupteten, Bachmann hätte sehr wohl Gelb gesehen. 

Traurig ist, dass dieses Schauspiel in Michelsrombach überhaupt stattfand. Schließlich ging es dabei um ein Spiel der neunthöchsten Klasse. Amateurfußball. Fairplay. Und zu Fairplay gehört nicht, sich mit vorsätzlichen Lügen einen Vorteil zu verschaffen. Schon gar nicht, um am Ende vor Gericht zu landen. Und entsprechend waren die ärmsten Schweine an diesem Abend die drei Sportrichter, die beurteilen mussten: Wer lügt und wer sagt die Wahrheit. Und genau für diese schwierige Entscheidung wurden sie kritisiert. Bei Facebook wurde schnell von „Skandal“ gesprochen, wildeste Diskussionen entbrannten. 

Wilde Diskussionen auf Facebook

Dass sich das Sportgericht für eine Spielwiederholung entschied, ist zumindest plausibel – auch wenn ich kein Experte in Aussagepsychologie bin: Die beiden von der SG Schenklengsfeld/Rotensee/Wippershain benannten Zeugen vermittelten bei ihren Aussagen einen im Gegensatz zu dem Zeugen-Trio der Wölfer unsicheren Eindruck und konnten keine Frage des Sportgerichts klar beantworten. Beide waren zugegen, um Bachmanns Gelbe Karte „zu bestätigen“, konnten aber nicht einmal sagen, für welches Vergehen er diese bekommen haben soll oder auf welcher Position Bachmann spielte. Der eine Zeuge wollte nicht einmal beantworten, ob er die Gelbe Karte mit eigenen Augen gesehen hat. Er habe dies auch nach mehrmaliger Nachfrage nur „wahrgenommen“. 

Dass sich das Gericht letztlich sogar gegen die Aussage des Schiedsrichters stellte, ist bemerkenswert und mutig zugleich. Denn die Rechts- und Verfahrensordnung schützt die Gilde völlig zu Recht besonders. Doch der Schiedsrichter schlingerte ebenfalls. Erst sagte er schriftlich aus, dass es zumindest möglich gewesen sei, einen Fehler begangenen zu haben. Bei der Verhandlung schloss er das plötzlich aus und griff einen Sportrichter persönlich an. Unterstellte ihm Nötigung. Der Sportrichter wehrte sich vehement gegen die Vorwürfe.

Fairplay? Gewinner gibt es nicht

Und natürlich kann selbstredend alles ganz anders gewesen sein. Die Wahrheit kennen zumindest Bachmann, der Schiedsrichter und der eine oder andere Zeuge. Den drei Richtern hat das nicht geholfen. Und garantiert nicht dazu beigetragen, dieses Ehrenamt mehr zu schätzen als vor der Verhandlung. Denn angelogen werden will man nicht mal vor Gericht. Doch nicht einmal der SV Wölf darf sich als Gewinner fühlen. Dessen Anhang hatte den Schiedsrichter während des Spiels mit allerlei Schimpfwörtern grob beleidigt. Auch das gehört sich nicht. Neunte Liga. Fairplay. Aber vielleicht war genau diese Tatsache entscheidend für die Sportrichter, denn zumindest bei dieser Thematik entstanden während der mündlichen Verhandlung keinerlei Diskussion. Weil der SV Wölf gleich zu Beginn seine Schuld eingestand, sich entschuldigte und „jede Strafe“ akzeptierte.

Auch interessant