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Nach Sperre gegen achtjährigen Fußballer: Fehler liegt im System

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Von: Johannes Götze

Fußball 2022-2023/Regionalliga Südwest 2022-2023 - Hier: SG Barockstadt Fulda-Lehnerz (schwarz) - VfR Wormatia Worms (weiss) 4:1 - Johannes Götze (Redakteur Torgranate/Fuldaer Zeitung - rechts) - Romeo Andrijasevic (links)
Torgranate-Redakteur Johannes Götze äußert sich in einem Kommentar zu der Sperre gegen einen Achtjährigen. © Rolf Herchen/Charlie Rolff

Der Fall, dass ein achtjähriger F-Junioren-Spieler für zwei Wochen gesperrt wurde, sorgt für Wirbel. Doch der ganze Ärger wäre gar nicht notwendig, wenn der Hessische Fußball-Verband (HFV) seine Satzung dem Kinderfußball zeitgemäß gestalten und Justitia hinsichtlich Strafmündigkeit Respekt zollen würde. Dies sagt Torgranate-Redakteur Johannes Götze in einem Kommentar zu dem Sportgerichtsfall.

Nur selten beschäftigte mich eine Recherche-Geschichte so lange, wie diese: Schon vor drei Wochen erfuhr ich von dem Vorgang und fing an zu recherchieren. In alle Richtungen. Und je tiefer ich einstieg, um so mehr musste ich den Kopf schütteln. Denn dass ein achtjähriges Kind nach dem Einsatz in einem anderen Team gesperrt wird, hielt ich von Anfang an vollkommen deplatziert und falsch.

Nach Sperre gegen achtjährigen Fußballer: Fehler liegt im System

Immerhin spielen die Kinder in dieser Altersklasse nicht einmal um Platzierungen. Am Ende eines Turniers bekommt jedes Kind die gleiche Medaille überreicht. Egal ob Erster oder Letzter. Der HFV hat mit der Einführung der Fairplay-Ligen dem Wettbewerbscharakter bei G- und F-Junioren eine klare Absage erteilt. Spaß und Entwicklung sollen im Vordergrund stehen. Dass es keine Ergebnisse gibt, soll zusätzlich dazu beitragen, dass immer alle Spieler zum Einsatz kommen. Auch die vermeintlich schwächeren.

Aber was ist, wenn die Kinder gar nicht erst spielen dürfen? Weil der Mannschaft ein Spieler fehlt? Weil sie deswegen ein Turnier absagen muss? Weil der Veranstalter deswegen vielleicht sogar das ganze Turnier absagen muss? Genau so war es in diesem unsäglichen Fall. Früh fragte der JFV Aulatal-Kirchheim an, ob eine Gastspielgenehmigung ausgestellt werden könnte. Dies wurde verneint, weil es die Satzung nicht zulässt. Aber warum? Wenn der HFV unbedingt den Kinderfußball fördern möchte, unbedingt mehr Kinder auf die Sportplätze bewegen möchte, wieso in aller Herrgotts Namen darf dann ein Achtjähriger nicht für eine andere Mannschaft Fußball spielen? In einem Turnier, in dem es um nichts geht? Hier herrscht dringend Nachholbedarf!

Moralisch und ethisch ein nicht zu akzeptierendes Urteil.

Johannes Götze, Torgranate-Redakteur

Dass letztlich von Amts wegen Ermittlungen aufgenommen wurden, ist im Zweifel noch nachvollziehbar. Dass aber am langen Ende ein achtjähriges Kind mit einer persönlichen Strafe zur Rechenschaft gezogen worden ist, ist nicht akzeptabel. Dass die Statuten des HFV dies überhaupt ermöglichen, ist eine Farce. Im Strafrecht sind Kinder unter 14 Jahren nicht strafmündig. Strafmündigkeit beschreibt das Erreichen eines Alters, ab dem einem Menschen vom Gesetzgeber zugetraut wird, die Folgen seiner Handlungen so weit zu überblicken, dass er bewusst anderen schaden kann und daher für diese Handlungen die strafrechtliche Verantwortung übernehmen muss.

Das achtjährige Kind wurde bestraft, obwohl es die Folgen seiner Handlungen mit Gewissheit nicht überblicken konnte. Ein moralisch und ethisch nicht zu akzeptierendes Urteil, das der HFV mit seinen Statuten fordert und in einer Stellungnahme gar noch verteidigt.

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