Nach Sperre gegen Achtjährigen: Hilfsbereitschaft wird bestraft

Der Fall, dass das Sportgericht Hersfeld/Rotenburg ein achtjähriges Kind gesperrt hat, zieht Kreise. Nun haben sich mit Björn Battenberg und Timo Allendorf die Trainer der F-Junioren des JFV Aulatal-Kirchheim zu Wort gemeldet, um ihre Sicht der Dinge zu schildern.
Der Leserbrief im Wortlaut:
Als Fußballtrainer einer Jugendmannschaft steht man immer wieder vor besonderen Herausforderungen. Unsere F-Jugend Mannschaft nahm Anfang Februar an einem Hallenturnier der JSG Südring in Neuhof teil. Jedoch fielen alle viele Torhüter kurzfristig aus. Da wir dem Veranstalter drei Tage vor dem Turnier eine Absage nicht zumuten wollten, fragten wir einen Jungen aus dem Nachbarort, ob er uns aushelfen könne. Dieser Junge besaß allerdings keine formale Spielerlaubnis für unseren Verein. (Wir haben ausführlich über den Fall berichtet).
Dieses Vorgehen war bereits im Vorfeld mit dem Veranstalter des Turniers in Neuhof abgestimmt, sowie mit den Eltern als auch dem Verein des Jungen. Gleichzeitig wurde bei unserer Klassenleitung nach der Möglichkeit einer Gastspielgenehmigung für das Turnier gefragt, was jedoch formal abgelehnt wurde. Letztlich spielte der Junge an dem Wochenende doch für uns, um eine kurzfristige Absage des Turniers zu vermeiden.
Nach Sperre gegen Achtjährigen: Hilfsbereitschaft wird bestraft
Im Nachgang des Turniers kam es durch „Ermittlungen“ der Klassenleiterin zu einem offiziellen Verfahren gegen ein 8-jähriges Kind, an dessen Ende eine Strafe vom Sportgericht gegen den Jungen ausgesprochen wurde. Dieser wurde noch einen Tag vor seinem Heimat-Turnier für zwei Wochen gesperrt! Es war uns als Trainer bewusst, dass der Einsatz ohne Spielgenehmigung offiziell nicht erlaubt ist. Doch aus vielen Gesprächen in den letzten Jahren mit Trainer-Kollegen weiß man, dass es immer wieder vorkommt, dass einer Mannschaft Spieler kurzfristig fehlen und dass man sich in solchen Situationen untereinander aushilft – im Sinne der Kinder und des Sports.
Dies alles geschah im Rahmen einer Fairplay-Liga, in der die Kinder sonst spielen. Hier geht es vordergründig darum, dass die Kinder viel Spaß am Spiel haben und es genießen und strittige Entscheidungen selbst treffen – ohne Trainer und Schiedsrichter. Dieser Fairplay-Gedanke wurde in dieser Situation vollkommen mit Füßen getreten. Jeder auf Verbandsebene berief sich darauf, nur seine Arbeit machen zu können und den Fall entsprechend weiterleiten zu müssen.
Wir wollen warnen und sensibilisieren.
Da stellt sich einem schon die Frage, warum eine Klassenleiterin mit so viel Einsatz hier ermittelt und diesen Fall in die offiziellen Kanäle der Sportgerichtsbarkeit gegeben hat, wohl wissend, dass hier dann nur ein Urteil gegen ein 8-jähriges Kind gefällt werden kann. Auch ist die Frage zu stellen, inwieweit auch ein Sportgericht das viel zitierte Fingerspitzengefühl im Fußball haben sollte – in Anbetracht dieser Sachlage? (Lest hier den Kommentar zum Thema von Torgranate-Redakteur Johannes Götze)
Es wäre sicherlich möglich gewesen, das Urteil gegen den Jungen erst nach dem Wochenende seines Heimat-Turniers auszusprechen und die zweiwöchige Sperre wäre formal korrekt gewesen, hätte aber nicht denjenigen getroffen, der am wenigsten für die Situation konnte! Um es nochmal zu betonen: Es gibt an der formalen Entscheidung nichts zu deuten und die Verantwortung liegt eindeutig bei uns Trainern. Jedoch sollte man sich schon ernsthaft fragen, inwieweit man im Rahmen des Urteils die vermeintlich langjährige fußballerische Erfahrung des Vaters als Begründung für die Sperre des acht Jahre alten Sohns heranziehen kann.
Dieser Leserbrief soll vor allem dazu dienen, andere Trainer im Kreisgebiet vor der mittlerweile gelebten Praxis zu warnen und diese für die Rechtslage zu sensibilisieren – damit nicht noch weitere kleine Kinder, die einfach nur Fußball spielen wollen, gesperrt werden!