UEFA-Wahlen: Sind Watzke und Neuendorf Motor oder Bremse für den internationalen Fußball?

Die Posten in den internationalen Fußballgremien sind lukrativ. Mitglieder der UEFA-Exekutive bekommen 160.000 Euro und diejenigen, die im FIFA-Rat sitzen, sagenhafte 250.000 Dollar pro Jahr. Darüber hinaus zahlreiche weitere Annehmlichkeiten, wie wir sie noch nicht einmal aus der internationalen Diplomatie her kennen.
Für zwei deutsche Fußballfunktionäre ist der Weg nun frei. Am Mittwoch (05. April) findet der UEFA-Kongress in Lissabon statt. Bei dieser Gelegenheit werden Bernd Neuendorf in den FIFA-Rat und Hans-Joachim Watzke in die UEFA-Exekutive gewählt. Sie lösen dann endlich die beim DFB-Bundestag vor mehr als einem Jahr abgewählten deutschen Vertreter Rainer Koch (UEFA) und Peter Peters (FIFA) ab.
Im Grunde bleibt alles beim Alten: Zwei mächtige Männer gehen und machen zwei anderen mächtigen Männern Platz. Die Außenpolitik des Deutschen-Fußballbundes war seit dem Abgang von Theo Zwanziger während der zurückliegenden zehn Jahre faktisch nicht sichtbar. Es gab keine Visionen, Ziele oder ernstzunehmende Projekte. Allein Bernd Neuendorf hat sich im Vorfeld der WM in Katar um eine sportpolitische Haltung bemüht (Stichwort „OneLove“) und ist damit zunächst auf internationaler Ebene („Mund zu“) gescheitert und seit einigen Wochen auch innerhalb des neuen DFB diesbezüglich kaltgestellt. Rudi Völler stoppte die sportpolitischen Ambitionen des Verbandes mit den Worten: „Aber irgendwann ist dann aber auch mal gut“.
UEFA-Wahlen: Sind Watzke und Neuendorf Motor oder Bremse für internationalen Fußball?
Der eingeleitete Richtungswechsel beim DFB in Sachen Haltungsfragen findet bei Watzke Unterstützung und bei Neuendorf zumindest keinen Widerspruch. Das ist bedauerlich. Sind die beiden Spitzenfunktionäre die Richtigen für solche internationalen Ämter? Sollen sie sich weiterhin an der Hinterzimmerpolitik der UEFA und FIFA beteiligen? Stillhalten? Abnicken? Oder zukunftsweisende Ideen nach vorn bringen? Gäbe es inzwischen irgendetwas, das der DFB in Sachen Haltung und Sportpolitik international verbreiten könnte? Was wäre das? Nur Mut!
Nach der WM in Katar ist vor der WM in Saudi Arabien. Gerade jetzt wäre es wichtig Ziele für den Fußball in Deutschland, aber auch für die Zukunft des Europäischen und FIFA-Fußballs zu entwickeln und zu vertreten. Beispielsweise in der Art, wie es die Präsidentin Norwegens Lise Klaveness betreibt. Sie ist bislang die einzige Fußballpräsidentin weltweit, die sich für gesellschaftspolitische und ethische Frage sichtbar einsetzt. Sie prangert die Missstände im internationalen Fußball dort an, wo es weh tut: Offen auf dem Podium während des versammelten FIFA-Kongresses.
Auch sie stellt sich in Lissabon zur Wahl für die UEFA-Exekutive. Allerdings muss sie sich in geheimer Abstimmung gegen ausschließlich männliche Konkurrenten durchsetzen. Elf Kandidaten haben sich um die sieben freien Plätze beworben. Das Angebot, den einzigen Quotenplatz unter den 20 Exekutivmitgliedern zu übernehmen, hatte Klaveness abgelehnt. Ihre Begründung ist vorbildlich: „Ich möchte durch meine Leistung gewählt werden“. Genau so stelle ich mir Sportsgeist vor und ich denke es würde unseren internationalen Vertretern gut zu Gesicht stehen, wenn sie gleiches von sich erwarten würden: Leistung.
Vorbild Klaveness: Mut muss belohnt werden
Zumal Watzke und Neuendorf in einem anderen Wahlgang ohne Gegenkandidaten antreten. Sie werden –- ebenso wie der unbeliebte FIFA-Präsident Infantino vor wenigen Wochen in Kigali – per Applaus und ohne Gegenstimme gewählt werden.
Es gäbe enorm viel zu tun im internationalen Fußball: Kommerz, Korruption, Rassismus, Diskriminierung und viele weitere Machtspiele verlangen nach Lösungen. Ebenso wie das Green- oder Sportswashing, was dem Fußball zwar weiterhin unfassbar viel Geld, aber moralischen Schaden bringen wird. Hier sind starke Persönlichkeiten, gute Ideen und vor allem transparente Konzepte gefragt. Von den beiden gesetzten Vertretern des DFB haben wir diesbezüglich noch nichts gehört.

Allerdings: Am Montag war im Spiegel zu lesen, dass sich Infantino für Equal-Pay stark gemacht und in Aussicht gestellt habe, dass Frauen bei der WM 2027 die gleichen Prämien erhalten sollten wie die Männer. Für Neuendorf hat dieses Thema – laut Spiegel – gegenwärtig keine Priorität. Schade: Der DFB wirkt damit als Bremse und nicht als Motor für die Umsetzung von Zukunftsthemen.