Also versuche ich, nach der Pause genauso zu agieren. Und stelle dabei fest, wie schwer der Job des Schiedsrichters doch ist. Es ist eine große Umstellung, plötzlich der Entscheider zu sein. Ich lasse viel durchgehen, vermutlich zu viel, allerdings machen es mir die Teams auf dem Platz glücklicherweise nicht sonderlich schwer. Und wenn doch einmal Klärungsbedarf besteht, suche ich das Gespräch. Aus eigener Erfahrung als Gruppenliga-Spieler und vom Bundesliga-Schauen weiß ich ja, dass kommunikative Typen wie Joshua Herbert oder Frührentner Manuel Gräfe die angenehmsten Unparteiischen sind.
Elias zeigt sich im Nachhinein jedenfalls recht zufrieden mit mir. Ein Kritikpunkt bleibt aber besonders hängen: "Du musst lauter pfeifen!", sagt er zu mir. Für mich haben sich die Pfiffe schon laut angehört, doch selbst meine Kollegen am Spielfeldrand bestätigen mir, dass sie recht leise waren. Mein Chef Ralph Kraus hatte sogar schon angekündigt, mir eine ordentliche Pfeife besorgen zu wollen. Doch das Modell ist nicht das Problem. Künftig werde ich definitiv lauter in die Fox 40 pusten.
Alles in allem bin ich mit dem Nachmittag aber sehr zufrieden. "Und gleich gibt es mein erstes Schiedsrichter-Geld", denke ich mir, als Elias und ich die Schiedsrichter-Kabine nach dem Duschen verlassen. Doch im Waldstadion ist keine Menschenseele. Zuschauer, Spieler und Verantwortliche wollten wohl schnell nach Hause, um das EM-Spiel Niederlande gegen Tschechien zu schauen. Und was passiert jetzt mit meinem Geld? Die 23,40 Euro, die mein Spesenzettel ausspuckt, bekomme ich immerhin schnell im Nachhinein überwiesen. Aber wegen des Geldes, so viel steht fest, macht diesen Job niemand. Auch ich nicht. Spaß sollte es machen. Und das hat es bei meiner Premiere definitiv.